Ich stellte den Becher entschieden auf den Tisch. Der Schlag war lauter, als ich erwartet hatte, und ließ mich selbst kurz zusammenzucken. Ich konnte aber keine Reaktion bei ihr erkennen, also fuhr ich fort zu erzählen. „Ich habe ihm dann freundlich, aber auch klar und deutlich gesagt, was ich davon halte!“
Sie hob die Schultern. „Warum lässt du es nicht einfach so sein, wie es ist?“
Irritiert blickte ich sie an. „Was meinst du damit?“
„Warum lässt du nicht deinen inneren Widerstand los und suchst stattdessen deinen Frieden?“ Sie hängte die Schürze neben den Herd. „Schau nicht auf andere, sondern auf deinen eigenen Weg.“
„Ich kann doch bestimmte Dinge nicht einfach so stehenlassen!“
Sie kam um den Tisch herum, setzte sich wieder zu mir und ergriff meine Hand. „Unsere inneren Widerstände gegen etwas, das wir erleben, weisen immer in uns selbst hinein – auf die Dinge, die in uns noch auf Annahme und Heilung warten.“ Sie schaute mir nun direkt in die Augen. „Es ist eine Illusion, dass irgendwer oder irgendetwas im Außen für unsere Gefühle verantwortlich sei. Die Situation oder der andere Mensch sind immer nur Auslöser; die Quelle unserer Reaktion liegt ausschließlich in uns. Und genau dort kann die Heilung stattfinden, wenn wir mutig die 100-prozentige Eigenverantwortung für uns übernehmen und einfach liebevoll das umarmen, was endlich gesehen, gespürt und erlöst werden möchte.“
Ich richtete mich auf. „Aber …“
„Schschsch …“ Sie legte ihren Finger auf meine Lippen. „Bewege es in deinem Herzen, bevor du sprichst.“
Ich schloss meine Augen und atmete tief ein und aus.
„Fühle einfach, was sich gerade in dir bewegt. Trenne es von der Geschichte dazu, sie ist nicht wichtig. Fühle jetzt nur.“
Ich spürte, wie der Orkan, der eben noch durch mich gerast war, langsam abebbte. An seine Stelle traten nach und nach Erleichterung und Stille.
„Und?“, hörte ich ihre Stimme nah an meinem Gesicht.
„Danke“, flüsterte ich und legte meine Arme um sie.