Ich habe kürzlich an einem Webinar teilgenommen, in dem die Frage gestellt wurde: „Was würdest du machen, wenn du 10.000 Euro geschenkt bekommen würdest?“ Eine der Antworten der anderen Teilnehmenden war: „Endlich mein Buch schreiben.“

Natürlich hat mich das gefreut – ich glaube, das Geld könnte besser nicht investiert sein –, doch gleichzeitig nahm ich eine ganz andere Stimme in mir wahr. Sie sagte nur kurz und knapp: „Das ist eine Illusion.“ Und sie meinte damit nicht, dass man wohl kaum eine Summe in der Höhe geschenkt bekommen würde. Sie meinte: „Es ist eine Illusion zu glauben, dass du dann dein Buch schreibst, wenn du erst einmal genug Geld hast.“

Oder Zeit. Oder bis das nächste Projekt fertiggestellt ist. Oder wenn die Kinder aus dem Haus sind. Oder wenn ich drei Monate Urlaub auf einer einsamen Insel machen könnte.

Oder oder oder …

Die Illusion – und die Falle – liegt in der irrtümlichen „Wenn – dann“-Verknüpfung. Sie sagt: Wenn erst mal Umstand X (endlich) eingetreten ist, mache ich Sache Y. Was das Schreiben betrifft, zeigt die Erfahrung immer wieder das Gleiche: Es nützt für dein Schreiben überhaupt nichts, auf einen solchen Moment zu warten. Das hat vor allem zwei Gründe:

1. Manchmal (oft) tritt so ein Umstand einfach nicht ein. Wir haben also später doch nicht die Zeit, die wir uns wünschen, wir bekommen nicht den erhofften finanziellen Freiraum, den wir fürs Schreiben als notwendig erachten, es kommt ein neues Projekt in die Quere, das dann unsere ganze Aufmerksamkeit bindet und uns vom Schreiben unseres Buches abhält.

2. Selbst wenn dieser Fall eintritt (die Kinder sind aus dem Haus, wir sind in Rente, wir haben plötzlich genug Geld und eine einsame Insel zur Verfügung), ist aber unser inneres System noch lange nicht so weit. Das ist wie mit guten Vorsätzen an Silvester: Sie scheitern vor allem daran, weil wir uns innerlich nicht effektiv und konkret darauf vorbereiten und eben nun mal – ganz menschlich – unser Verhalten nicht von jetzt auf gleich nachhaltig ändern können.

Es gibt nur einen vielversprechenden Weg, dein Buch endlich zu schreiben: Indem du heute anfängst.

Ich erinnere mich, dass ich mein erstes abendfüllendes Comedy-Programm in einer Zeit geschrieben habe, in der ich täglich 12 bis 14 Stunden gearbeitet habe, sieben Tage die Woche. Als ich endlich wieder mehr Zeit hatte, habe ich kein einziges Gedicht mehr geschrieben.

Versteh mich nicht falsch: Natürlich kommen manchmal wirklich elementare Ereignisse dazwischen, die uns eine Zeit lang wirklich vom Schreiben abhalten – eine Krankheit, ein Unfall, der Verlust eines geliebten Menschen, ein Erdbeben, oder wenn dein Haus gerade abbrennt.

Natürlich ist und bleibt es deine freie Entscheidung, deine Energie und deinen Fokus einer anderen Sache zuzuwenden, wenn sie dich mehr lockt. Und auch, den Ruf deines Herzens oder deiner Seele, endlich dein Buch zu schreiben, weiter zu ignorieren und das Schreiben weiter aufzuschieben. Niemand ist dir dafür böse, und du wirst auch nicht von einem grollenden Gott betraft. (Nur insofern, als du selbst die Konsequenzen dieses nichtgelebten Wunsches tragen musst – ich bin sicher, du weißt bereits aus Erfahrung, welche es sind.)

Aber …

Wenn es dir wirklich ernst mit deinem Buch ist, dann ist die beste Idee, die du jetzt gleich umsetzen kannst, dich hinzusetzen und die ersten Schritte in seine Richtung zu tun. Das könnte zum Beispiel bedeuten, dass du …

… ein Brainstorming zu den Inhalten deines Buches machst,

… dir einen passenden Titel überlegst,

… eine halbe Seite schreibst (mehrmals ein bisschen in der Woche ist viel effektiver als einmal viel!),

… zu ähnlichen Büchern im Internet recherchierst,

… eine Meditation machst und dir dabei vorstellst, wie es sich anfühlt, wenn du dein Buch bereits in den Händen hältst,

… deinen Schreibtisch aufräumst oder dir eine Schreibecke einrichtest, um einladenden Raum für dein Buchprojekt zu haben,

… mit deiner Familie besprichst, wie sie dich bei deinem Vorhaben unterstützen kann (etwa, indem sie deine Schreibzeiten respektiert und dir den Rücken freihält),

… eine/n Freund/in anrufst und ihn/sie fragst, ob er/sie dein „Schreibbuddy“ sein möchte, mit dem du das Überprüfen konkreter Teilziele vereinbarst,

… dich bei mir meldest, um Fragen zu deinem Buchprojekt zu klären. :-)

Was fällt dir noch ein, wie du dein Schreiben mit dem ersten kleinen Schritt heute starten kannst? (Und morgen mit dem nächsten fortsetzen?)

Hier noch zwei Tipps:

1. Trage dir deine Schreibzeiten in deinen Kalender ein. Behandle sie wie wichtige Meetings oder eine romantische Verabredung, die du ja auch nicht kurzfristig absagst, weil du lieber die Wäsche aufhängst. Tu es. Du schreibst sonst nicht.

2. Nutze deinen Alltag als Inspiration. Gehe mit offenen Augen durchs Leben und lass dich überraschen, welche Impulse oder Hinweise es dir zu deinem Buchprojekt „schenkt“. Ich kenne großartige Geschichten von schreibenden Menschen, die auf diese Weise hervorragende Ideen, Buchtitel, inhaltliche Durchbrüche – und in einem Fall sogar den idealen Verlagsnamen gefunden haben.

À propos Geschichten – zum Abschluss für dich eine wunderbare Begebenheit, die sich vor einigen Jahren tatsächlich so zugetragen hat:

Ein älterer Herr rief mich an und sagte, dass er meinen Schreibkurs gesehen habe. Er sagte, dass er Zeit habe, dass der Preis für ihn stimmig erschien – und er nur noch mal genau wissen wollte, ob die Inhalte wirklich für sein Vorhaben passend wären.
Ich habe ihm das also alles gerne noch einmal ausführlich geschildert, woraufhin er sagte: „Prima! Das ist genau das, was ich suche! Bieten Sie den Kurs nächstes Jahr noch einmal an?“
Verwundert antwortete ich ihm: „Ja, wenn nichts Unerwartetes dazwischenkommt, werde ich den auch nächstes Jahr noch machen – aber Sie sagten doch gerade, sie hätten Zeit, der Preiss sei richtig und die Inhalte alle passend – warum wollen Sie also erst nächstes Jahr mitmachen?“
Daraufhin meinte er: „Weil ich mein Schreiben bis dahin reifen lassen möchte.“
„In Ordnung“, sagte ich, „das können Sie gerne machen.“ (Ich will ja niemanden zwingen, an meinen Kursen teilzunehmen!) „Bitte tun Sie mir aber einen Gefallen – während Sie bis nächstes Jahr Ihr Schreiben reifen lassen, setzen Sie sich bitte jeden Tag eine halbe Stunde vor ein Klavier und warten Sie, bis Sie spielen können.“
Stille. (In der ich meine freche Klappe kurz verflucht habe.)
Dann sagte er: „Ich komme sofort.“

Also – mach dir selbst das Geschenk und fang heute noch mit deinem Buch an!

Hier findest du Gratis-Impulse zu deinem Schreiben, u.a. Live-Coachings:
https://stefan-schwidder.com/gratis-onlinetrainings

Ps.: Seminar “Schreibe endlich dein Buch” vom 15.-17. Mai – entweder live oder online.