„Ihr müsst wieder werden wie die Kinder“, steht in der Bibel. Denn sonst, so wird dort sinngemäß ergänzt, bliebe uns das Himmelreich Gottes verschlossen.

Wenn ich meine Kinder anschaue und erlebe, wie sie sind, wenn sie ganz sein dürfen, wie sie sind, dann denke ich: Dieser Satz muss etwas mit Zauber zu tun haben – mit jenem Zauber, der uns umgibt und durchdringt, wenn wir ganz bei uns sind. Wenn wir in wirklich vertrauter, intimer Verbindung stehen mit dem, was uns wirklich ausmacht, tief in uns drin. Wenn die Magie des Lebens nach uns greifen darf und wir ihr bereitwillig unsere Arme entgegenstrecken, mit einem Lächeln, vielleicht sogar befreit und erleichtert. Wenn wir uns von ihr durchdringen und durchwehen lassen, so ganz ohne nach dem Ertrag, dem Zweck oder dem Nutzen dessen zu fragen, dem wir uns gerade hingeben.

Das können Kinder, zumindest so lange, wie wir sie lassen und sie nicht zwingen, so zu werden wie wir: erwachsen. Und damit „vernünftig“. Denn unsere Vernunft steht der Magie in unserem Leben entgegen. Sie schließt sie aus, lässt sie verkümmern, verdorren, verwelken. Magie stirbt, wenn wir uns nicht um sie kümmern.  Und doch – das ist ja das Schöne an Magie – trägt sie das geheimnisvolle Potenzial zur spontanen Auferstehung in sich.

Es liegt an uns, sie auszulösen – wir brauchen bloß das Signal zu geben. Es ist nur ein kleines Zeichen von uns, begleitet von dem aufrechten Wunsch unseres Herzens, wieder Magie in unser Leben zu lassen. Oder besser: Sie wieder wahrzunehmen, denn sie ist ja ständig da, auch wenn wir sie nicht bemerken. Sie also „für wahr zu nehmen“, oder noch besser: ihr „wahrzugeben“, denn schließlich sind wir es, die diesen Schritt aktiver Rückverbindung initiieren müssen. Die Magie zaubert vor sich hin, egal, ob wir sie sehen oder an sie glauben. (Aber ich glaube, das Leben freut sich, wenn wir sie für uns wiederentdecken.)

Der kleine Mauervorsprung in unserem Garten wird, bestückt mit vergessenen, abgelegten oder nicht mehr benutzten Dingen, zu einem Ladenlokal mit Haute Cuisine, jedenfalls erscheint es meinen Töchtern so, die jenes Teil des Grundstücks auf diese Weise in ihrem Spiel verzaubern. Und sie verzaubern mich gleich mit, wenn sie mir das mit kleinen grünen Knospen, einem feuerroten Herbstblatt und einem herzförmigen Stein geschmückte Holzbrett vorsetzen, auf dem ich den Deckel des ausrangierten Oliventopfes entdecke – er dient nun als Speiseteller für ein selbstkreiertes Festmahl mit einem exotischen Namen, der sich gleich darauf in einem Lachen voller Stolz und Glückseligkeit auflöst.

Und obwohl ich die Stöckchen, Blättchen und Steinchen nicht wirklich probiere, schmecke ich den denkbar größten Gaumengenuss meines Lebens. Ich lerne: Magie kann abfärben. Ich fühle mich reich beschenkt und freue mich wie ein Kind.

Vielleicht komme ich ja doch in den Himmel …