Herbsttagundnachtgleiche – Bei meinem Spaziergang habe ich kürzlich die ersten gelbroten Blätter entdeckt – es wird Herbst! Ich habe dir einige Gedanken zu diesem Jahreszeitenwechsel mitgebracht – und zwei sehr kraftvolle Übungen, mit denen du die besondere Energie dieser Tage optimal für dich nutzen kannst.

Die Tage sind oft noch voll warmer Sonne, während in den Nächten bereits der erste Frost auftreten kann. Die Abende werden länger, und so lässt sich auch mit Kerzenschein wieder eine ganz wunderbare Qualität in unser Leben bringen. Das sagt auch der Kalender: Am 23. September um 8.22 Uhr findet in diesem Jahr die Tag- und Nachtgleiche, also der offizielle Herbstanfang, statt. Nicht nur die Vögel, auch die Sonne begibt sich auf ihren Weg in den Süden. Zum zweiten Mal im Jahr sind Tag und Nacht gleich lang – der Begriff „Äquinoktium“ für diesen Übergang bedeutet wörtlich „gleiche Nacht“, die Waagschalen des Lebens sind in perfektem Gleichgewicht. Es ist sicher kein Zufall, dass wir gleichzeitig in das Sternzeichen Waage eintreten, quasi wie ein Symbol für das in allen Dingen ruhende Gleichgewicht.

Die Tagundnachtgleiche markiert die Mitte der Ernte und ist eine Zeit des Ausruhens und der Regeneration, des Feierns und der Balance. Ein Wandlungsprozess beginnt, das Leben zieht sich langsam zurück. Es ist eine Zeit der beginnenden Innenschau – es gilt, wie die Bäume ihre Blätter all das loszulassen, was nach einer Zeit der Blüte nicht mehr stimmig ist. Und es sind gleichzeitig ausgesprochen gute Tage, um dankbar zu sein all das, was das Jahr hervorgebracht hat.

Fühl einmal hin: Wofür bist du dankbar? Was hat dich in diesem Jahr bereichert, was ist gewachsen, was ist dir gelungen? Und was darfst du jetzt du loslassen? Welche Dinge fallen mit dem natürlichen Rhythmus des Wandels aus deinem Leben heraus?

Nimm dir Zeit, um in deine ganz eigene Balance zu kommen. Würdige das, was durch dich entstehen konnte, sei dankbar für all die großartigen Dinge, die du erleben durftest. Entdecke auch deine Dankbarkeit für die Erkenntnisse, die sich dir durch Krisen gezeigt haben – helfen sie dir doch, dich immer besser kennenzulernen. Indem du sie anerkennst, verleihst du ihnen einen Wert. Bei der Reise deines Lebens geht es um Erkennen – und dadurch um Wachstum.

Nutze die Stille der herbstlichen Ruhe für dich! Die Tagundnachtgleiche erinnert dich daran, wie wichtig Zeiten des Ausruhens sind, in denen du dich erholen kannst und das integrierst, was du im Laufe des Jahres aufgesammelt und erlebt hast. So, wie die Felder eine Weile brach liegen müssen, um besseres Wachstum zu ermöglichen, sind für uns als Menschen die „Zwischenzeiten“ genauso wertvoll.

Und denk dran: Auch du bist ein Geschenk für all die, mit denen du in Berührung gekommen bist! Nimm dir heute Zeit und ehre dich selbst für das, was du in diesem Jahr alles geschafft hast, was dir gut gelungen ist und was du als Ergebnis deiner Arbeit und deiner Bemühungen ernten konntest – egal, wie groß oder unbedeutend es dir vorkommen mag.

Du brauchst deine innere Balance auch, um die richtigen Impulse für deine künftige Ausrichtung zu legen. Im Winter schließt die Erde die Samen ein, die dann im Frühjahr ihr neues Leben beginnen können. Welche Samen säst du?

Die Tagundnachtgleiche war früher übrigens der Beginn der Spinnzeit. Das Spinnen der Wolle stand in engem Zusammenhang mit den Schicksalsfäden des Lebens. Das Herbst-Äquinoktium ist nicht nur ein Moment kosmischer Balance, sondern auch ein Moment der Veränderung. Herbstanfang ist somit ein Schwellenfest, denn von nun an steigen wir schrittweise hinab in die dunkle Jahreszeit.

Im keltischen Kulturkreis wird dieser Übergang „Mabon“ genannt. Mabon, so sagt man, war der walisische Sohn der Muttergöttin Modron, der Erdmutter und Schutzherrin der Unterwelt – dort wurde Mabon wiedergeboren als Sohn des Lichts. Dieses Muster findet sich in allen großen Mythen wieder: Am dunkelsten, herausforderndsten Punkt erlangen die Protagonisten ihre wahre Stärke. Auch wir erleben das bei unseren eigenen „Nachtfahrten der Seele“ – indem wir uns unseren größten Ängsten und Schmerzen stellen, erkennen wir auch unser größtes Potenzial. Die Feier der Tagundnachtgleiche im Herbst kann auf einer symbolischen und unbewussten Ebene dazu dienen, Mut zu finden für das Überschreiten dieser Schwelle.

Es ist eine Zeit großer Freude und großen Schmerzes. Wir feiern die Fülle, wissen aber, dass wir sie bald loslassen müssen – so, wie wir im Leben immer wieder aufgefordert sind, uns von Liebgewordenem zu verabschieden. Es gilt, Trauer zulassen zu können in dem Bewusstsein, dass das Leben im Schoß der Erde bewahrt ist und zum rechten Zeitpunkt wiedergeboren wird. Es lehrt uns, geduldig und voller Vertrauen zu sein. Du kannst die Dinge oft nicht ändern, die in deinem Leben geschehen oder unterblieben sind, aber du kannst die Weisheit ernten, die in ihnen enthalten ist. Vielleicht ermöglichen dies erst, die Samen für eine größere, bessere Zukunft zu legen, in der wir jene Dinge bewahren und aufblühen lassen, die in den Nachtphasen im Dunklen versteckt bleiben müssen.

Ich empfinde es so, dass selten wie nie diese Energien in diesem Jahr spürbar sind. Altes bricht auf und muss losgelassen werden, um den nächsten wichtigen Entwicklungsschritt zu gehen. Es ist eine Zeit großen Wandels. Mach dir bewusst, dass alle Dinge ein natürliches Ende haben, um in einen neuen Kreislauf einzutreten – und somit Chancen auf etwas Neues, Schöneres, Größeres sind. Der Wandel der Gezeiten berührt uns, denn wir sind Teil der Natur – auch, wenn wir das in der heutige Zeit fast vergessen haben. Magst du es in dir wiederentdecken?

Übung: Finde dich im Schreiben!

Ein wunderbares Hilfsmittel, noch einmal zurückzuschauen, alles zu sortieren und dich mutig den „dunklen“ Aspekten deines Lebens zu stellen, ist das „freie Schreiben“, manchmal auch „automatisches Schreiben“ genannt. Diese Technik „lockt“ deine unbewussten Themen und das (oft versteckte oder fest­sitzende) kreative Potenzial in dir hervor: Denke an das, was hinter dir liegt, in Respekt und voller Dankbarkeit dafür, was es dir ermöglicht hat. Schreibe alles auf, was dir in den Sinn kommt. Einzige Bedingung: Setze den Stift nicht ab, sondern lass durchgehend deine Gefühle und Gedanken aufs Papier fließen. Du wirst sehen, wie kraftvoll, heilend und befreiend diese Übung sein kann!

Übung: Hol dir deine Wunschwelt ins Jetzt!

Eine zweite wunderbare Technik ist die „aktive Imagination“, manche sagen dazu auch „Visualisieren“. Komm zur Ruhe, mach es dir gemütlich und stelle dir fokussiert vor: Wie sieht deine ideale Welt aus? Welche Werte möchtest du in ihr aktiv sehen, was würdest du hineingeben, wenn du könntest? Was möchtest du in deinem Leben erreichen? Stell dir nun dieses Wunschbild vor, als ob es bereits da ist: Wie sieht deine Welt aus? Wo bist du? Wie fühlst du dich? Was sagst und tust du? Was sagen und tun andere? Was macht dich besonders glücklich? Schreibe hinterher alles in Ruhe auf.

Beide Übungen sind übrigens besonders wirkungsvoll und hilfreich, wenn du sie regelmäßig durchführst. Ich wünsche dir ganz viel innere Ruhe, Freude und Erkenntnis dabei!

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